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Balsamicomania

Aber selten guter Essig!

Quando l’aceto è proprio aceto e quando è di buona qualità? Gli errori sui contenuti di questo liquido e il fatto che in Italia “l’aceto balsamico” è quasi sconosciuto.

Ernesto Haase (Amateurkoch und Slow Food Anhänger)

Als ich neulich mit 25-prozentiger Essigessenz, gut verdünnt, hässliche Kalkflecken an Armaturen und diverser Keramik im Bad entfernen wollte, staunte ich nicht schlecht über die Hinweise auf dem Etikett dieser scharfen Essigessenz: "Die Grundlage für 100 leckere Salatdressings: 2 – 3 Esslöffel Essigessenz mit 1/8 Liter Rotwein – oder Weißwein, oder Sherry, oder Cognac, oder Sekt, oder, oder – mixen und beliebig verfeinern." Kurz darauf wollte ich einen Grünen Salat anmachen und verwendete einen einfachen italienischen Weinessig von der Marke mit dem Motto "L'orgoglio di fare aceto da più di 100 anni" und was fand ich auf dem Etikett: Einen Hinweis für 1000 Anwendungen für den Essig zum Beispiel die Farbe von Teppichen aufzufrischen, die Espresso-Maschine zu entkalken und hässliche Kalkflecken im Bad zu entfernen.Tatsächlich verstehe ich nicht, warum hierzulande der Geschmack für guten Essig sich nie entwickelt hat. Dabei wäre der Unterschied doch nicht schwer festzustellen: Man muss nur einmal die Nase über eine Flasche guten Weinessig und dann über eine Flasche Industriebranntwein-Essig halten und wird sofort den stechenden, beißenden Charakter des Branntweinessigs bemerken. Aber ist deutscher Weinessig aus dem Supermarkt besser?

Ich habe mich immer gefragt, wieso Weinessig von Hengstenberg und Kühne noch billiger sein kann als eine ungenießbare Flasche Wein, wenn dieser tatsächlich das Ausgangsprodukt für die Herstellung von Essig ist. Die Antwort kann nur lauten, dass Millionen Hektoliter unglaublicher Fusel dafür zur Verfügung stehen müssen. Ähnlichkeiten zum Handel mit sogenannten Olivenölen drängen sich auf. Kann es denn am Preis liegen, dass so wenig guter Weinessig gekauft wird? Zumindest bei Leuten, die sich an Wein zum Essen gewöhnt haben, könnte doch der Gedanke aufkommen, dass man bei einem Verbrauch von zwei Esslöffeln für einen Vier-Personen-Salat selbst mit einem sehr guten Produkt nicht befürchten muss, die Haushaltskasse zu ruinieren?

Stattdessen flüchtet man sich in eine Unzahl aromatisierter Essige von Estragon bis Johannisbeere, um wenigstens irgendeinen Geschmack zu bemerken. Wenn ich mir dagegen ansehe, wie ein "Aspretto di Ribes" fabriziert wird: ...ottenuto da frutta fermentata, distillata e successivamente acetificato con procedimento al truciolo. L'aggiunta successiva della stessa frutta e l'invecchiamento in carati di legno appropriati per oltre un anno ne esaltano le inconfondibile caratteristiche "Himbeeressig gilt als edle, fruchtige Basis für Blattsalate vor allem in Verbindung mit Walnussessig, aber was liest man auf der Zutatenliste: Branntweinessig, naturidentische Aromen: ein reines Kunstprodukt. Mag sein, dass es zufrieden stellt, wenn der Geschmackssinn schon von Produkten wie Joghurt mit Himbeeren abgestumpft ist. Hier ist Abhilfe, wie man zum wirklich guten Geschmack kommt (auch wenn es einem Aspretto nicht nahe kommt) und die Methode ist denkbar einfach: Man nehme eine Flasche anständigen Weißweinessig, entnehme die Menge an Flüssigkeit, die in ein kleines Glas passt. So entsteht Platz in der Flasche für richtige Himbeeren, die man durch den Flaschenhals stopft. Es dürfen auch die unansehnlichen, zerquetschten Beeren sein, die für das Dessert nicht schön genug waren.

Sechs Wochen stehen lassen und dann abgießen: Eine wunderbare Flüssigkeit, auch einer Sauce zur Entenbrust würdig. Zwei essig-konservierte Gerichte mit ähnlicher Zubereitung, aber völlig verschieden in Stil und Geschmack sind die venezianischen Sarde al Saór und der norddeutsche eingelegte Brathering. Beide werden zuerst "alla mugnaia", das heißt mit Mehl bestäubt, gebraten und dann sauer mit Zwiebeln eingelegt; die Sardinen, klein und elegant in Wein und Weinessig, der mächtige Hering in irgendeiner Industriesäure. Was früher die Seefahrer der Dogen vor dem Skorbut bewahren sollte, steht heute im Veneto als Cicheti auf dem Tresen.
In Norddeutschland dient der Brathering mit einer Butterstulle als komplettes Abendessen. Mit den im Ausland gerühmten deutschen sauren Gurken und anderem eingelegten Gemüse hat sich auch eine seltsame Wandlung vollzogen: Sie wurden von Jahr zu Jahr süßer. Es kommt mir vor, als ob die Hersteller den Gehalt an Süßstoff immer höher schrauben, damit die Appetit fördernde Wirkung zu höherem Umsatz führt – das Pendant zum amerikanischen HFCS (High Fructose Corn Syrup), der einer Nation den Geschmack und die Figur verdorben hat. Die deutsche Nahrungsmittelindustrie ist einen a
nderen Weg gegangen. Er klingt kulinarischer, intelligenter, überlässt wenigstens die Entscheidung dem Käufer und vor allem ist er erfolgreich: Balsamicomania. In jedem deutschen Supermarkt stehen heute mehr Balsamici als normaler Essig, von Weinessig ganz zu schweigen.

Die Qualität ist durchwegs miserabel, Branntweinessig mit Traubenmost gesüßt. Es gibt auch weißen Balsamessig und niemand hat gemerkt oder ist nicht daran interessiert, dass da eine contradictio in adjecto vorliegt. Aus Modena stammt kaum eines dieser Produkte. Verwendet wird Aceto Balsamico in der deutschen Küche für alles, auch an Tomatensalat oder Caprese. Brrr.....Auch die berühmte Zusammenstellung einer homöopathischen Menge des besten sündhaft teuren „Tradizionale“ zu Erdbeeren wird hierzulande gnadenlos mit dem pappigen Saft deutscher Hersteller kopiert.
Ich bin überzeugt, dass in den meisten italienischen Haushalten Aceto Balsamico überhaupt nicht verwendet wird.

(2006-3 pag 38)

 

 

 



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