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Vom Quinto quarto: Die Kutteln

Das Verhältnis zu Innereien ist bekannterweise oft gespalten. Dennoch sollte man es sich nicht entgehen lassen, einmal die Kutteln unter einer Parmesankruste zu probieren

Molti raccomandano assolutamente di provarla, molti di più non lo faranno mai. Un interessante excursus critico-etnologico, alla ricerca del gusto e della giusta ricetta per la preparazione della trippa.

Ernst Haase, Amateurkoch und Slow Food Mitglied

Unter Kutteln versteht man vor allem den Vormagen (Pansen) von Wiederkäuern, aber auch die anderen Mägen wie den Netz-, Blätter- und Labmagen. Außer vom Rind isst man auchnoch die besonders delikaten Mägen vom bereits selber fressenden Kalb sowie vom Schaf.

Abgesehen von ein paar nomadisierenden Türken und Mongolen werden Kutteln interessanterweise fast nur von Katholiken und Chinesen gegessen. Protestanten und andere Puritaner (Germanen, Amerikaner...) ekeln sich davor. Den schottischen „Haggis“ finde aber auch ich ungenießbar.Vielleicht liegt das an der Kombination mit den Haferflocken. Und Locatelli bedauert, dass er in seiner Locanda in London kaum einmal Innereien auf die Speisekarte setzen kann beziehungsweise darf.

Der großartige schwäbische Koch Vincent Klink drückt sich zum Thema so aus:

„Wer Kutteln nicht mag, ist selbst schuld oder hat eine standortbedingte Unglücksbiographie. Kutteln isst man auf der ganzen Welt, nur nicht in puritanischen Ländern“. Leider erklärt auch er nicht, warum dies so ist.

An religiösen Verboten kann es nicht liegen, denn seit Moses sind von den Wiederkäuern mit gespaltenen Hufen mit Ausnahme des Blutes alle Teile als essbar erlaubt.

Am plausibelsten scheint mir die Erklärung, dass verschiedene Menschen unterschiedliche Einstellungen zum Genießen haben. Denn Kutteln können einfach delikat sein.

Besonders bekannt ist ein Rezept aus der Normandie, die „tripes à la mode de Caen“, in denen sich die Kutteln mit Äpfeln, Calvados, Cidre und Crème fraîche vermählen. In der Auvergne gehören Kutteln vom Schaf als „tripoux“ zu den charakteristischsten Gerichten und häufig findet man in Frankreich die „Andouillette“, eine Art Bratwurst, in deren Füllung sich auch Kutteln verstecken. Meine Tochter war neulich überrascht, in Polen Kutteln zu finden. Ich sagte, klar, ist ja auch erzkatholisch. Alle Türken kennen „Işkembe Çorbasi“, eine Kuttelsuppe mit Gewürzen und Paprika und Zitronensaft. Busecca gibt es vom Tessin bis zur Spitze des Stiefels. Die Mailänder Variante mit den Fagioli ist mir etwas zu schwer.

Mit schwäbischen Kutteln habe ich persönlich ein Problem. In meiner Zeit in Stuttgart habe ich es stets vermieden in einer Gastwirtschaft Kutteln zu bestellen. Was da in einer braunen, mehlschwitzigen, sauren Sauce schwimmt, sieht für mich einfach nicht appetitanregend aus. Es erinnert an eine zerschnipselte geriffelte Gummimatte. Der genannte Vincent Klink macht das viel schöner. Er kocht die sehr fein geschnittenen Kutteln mit einer Zwiebel, gespickt mit Lorbeerblatt und zwei Nelken, schneidet Lauch und Sellerie in Streifen, blanchiert diese mit eingeweichten Morcheln und dünstet dann das Gemüse mit den Kutteln, einer Tomate, Knoblauch und Kräutern in Butter, bevor er dann mit Weißwein und Champagner ablöscht (auf den Schampus könnte man meinetwegen verzichten).

Richtig begeistert über Kutteln war ich zum ersten Mal in Lucca in einer Osteria namens Bucodisantantonio. Der Ober erkannte mich als Deutschen und fragte deshalb, ob ich wirklich wüsste, was ich da bestelle. Dann kam eine Kupferkasserolle mit den Kutteln unter einer herrlichen Parmesankruste und es schmeckte einfach wunderbar. Das Rezept könnte etwa so gewesen sein (für vier Personen):

  • Ein gutes Pfund Kutteln, vom Metzger gewaschen und vorgekocht, vorzugsweise am Stück
  • Die gleiche Menge Tomaten oder eine kleine Dose geschälte Tomaten und ein Esslöffel Tomatenmark
  • 1 gelbe Rübe, 1 Stange Staudensellerie, 2 Lauchzwiebeln und je nach Größe 1-2 Knoblauchzehen
  • Olivenöl und Butter
  • Rosmarin, Thymian, ein Lorbeerblatt und eine zerbröselte getrocknete Chilischote
  • 1 Glas Weißwein, Salz, Safranfäden und die Schale einer Bio-Zitrone in feinsten Streifen, ein kleiner Bund Petersilie
  • Soviel geriebener Parmesan, wie es braucht, um die Kutteln im Topf flächendeckend zu bestreuen

Aus dem Gemüse und den Kräutern mit Öl und Butter in einem größeren, ofenfesten Topf einen Soffritto herstellen, salzen und pfeffern.

Die gewaschenen Kutteln in sehr feine Streifen schneiden (vorgeschnittene Kutteln sind mir zu grob) und portionsweise in einer beschichteten Pfanne (sehr wichtig, denn sonst kleben die Kutteln unweigerlich am Boden fest!) in Öl scharf anbraten und zum Soffritto in den Topf geben. Die Safranfäden im Wein auflösen, in den Topf angießen, Tomaten, Zitronenschale und Chilischote hinzufügen und zugedeckt etwa eine Stunde auf dem Herd schmoren. Den Backofen auf 225°C vorheizen.

Die gehackte Petersilie unter die Kutteln rühren, abschmecken.

Mit dem geriebenen Parmesan bestreuen und im Backofen kurz gratinieren.

Die Farbe des Safrans und das Aroma der Zitronenschale sind meine Erfindung. Der letzte Schritt des Überbackens mit Käse gibt dem Gericht eine besondere Note, die es von anderen Rezepten unterscheidet und abhebt.

Dazu braucht man nur noch etwas Weißbrot.


(2010-4 pag 50)

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