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Categoria: Gastronomia
Pubblicato Mercoledì, 08 Dicembre 2010 21:26

Quinto quarto – das fünfte Viertel

Vergessener Fleischgenuss

Tutto ciò che è facile è buono, tutto ciò che è buono è facile. Tutto quello che riguarda la scelta e la preparazione del cosiddetto “quinto quarto” cioè delle interiora nell’arte culinaria.

Ernst Haase, Amateurkoch und Slow Food Mitglied

Normalerweise wird der Körper von Schlachttieren in zwei vordere und zwei hintere Viertel zerteilt. Alles andere, also die Innereien, der gesamte Kopf, der Schwanz und die Füße abwärts von den Knien werden im Italienischen als „quinto quarto“, also „fünftes Viertel“, bezeichnet.
Früher hatten die Arbeiter in den Schlachthöfen ein Vorrecht auf die Teile des „quinto quarto“. Manches davon, besonders die faltigen und netzartigen Gewebe um die Organe herum (zu Deutsch Gekröse) wurde auch einfach durch die Hintertüren der Schlachthöfe von Testaccio hinausgeworfen und landete in den Töpfen der Ärmsten - sofern die Hunde nicht schneller waren. So kam die römische Küche zu ihrem Ruf als „cucina povera“, also „arme Küche“, wenn nicht gar „poverissima“, also „ärmste Küche“, und vieles vom „quinto quarto“ wurde zu gastronomischen Spezialitäten der Hauptstadt erklärt.

Dazu zählen auch die berühmt-berüchtigten Rigatoni con la pajata, von denen der Autor des Führers „Le Guide Xenofobe: Romani de Roma“ schreibt: „Man sollte sie nicht probieren ohne die vorherige Garantie eines äußerst vertrauenswürdigen Kenners der Materie, andernfalls geht man das Risiko ein, dass der Magen ausgepumpt werden muss!“

Jedoch muss gesagt sein, dass sich unter diesen Körperteilen auch Muskelfleisch und Organe befinden, über deren kulinarischen Wert in vielen Teilen der Welt kein Zweifel besteht, wenn man sich nur auf deren Zubereitung versteht. Berühmt ist in dieser Beziehung die chinesische Küche mit ihrem Grundsatz, alles ist essbar, wenn es nur fliegt oder schwimmt – außer Hubschraubern und U-Booten. Genauso wie die Sparsamkeit steht aber hinter diesem Prinzip auch eine Achtung vor dem Tier, von dem man nichts wegwirft.

Auch Slow Food bekennt sich zur Ansicht, so ein Tier hat keine unedlen Teile, es gibt nur einen Mangel an Kenntnis der Zubereitung. Deshalb widmete sich die vorangegangene Ausgabe des deutschen Slow Food Magazins dem Schwein und brachte auch Rezepte für Schweineohren und -füße. Sogar die Londoner gehen zum Essen in das „Restaurant St. John“, in dem Starkoch Fergus Henderson sein Motto „Nose-to-tail-eating“ erfolgreich verkauft.

Die deutschsprachige Ausgabe der Zeitschrift Cucina Italiana startete mit der Ausgabe Februar/März 2010 die Serie „Neue Fleischkochschule für die vergessenen Teile“ und begann mit der Querrippe von Rind und Kalb, die hierzulande nur noch als Suppenfleisch dient.

Ich sehe einen Trend in Gestalt einer wachsenden Zielgruppe, die in Zeiten der Finanzkrise nicht noch billiger beim Discounter kaufen will, sondern aus preiswertem Fleisch ohne Abstriche am Genuss verschwundene Gerichte zaubert. Nur die Fernsehköche bemühen sich noch, das „quinto quarto“ aus der deutschen Küche zu verbannen. Das liegt neben der Quotenhascherei sicher auch daran, dass in der Kürze der Sendungen Gerichte mit langer Garzeit unmöglich darzustellen sind.

Hier ist ein praktisches Beispiel für ein besonderes Fleischstück nach meinem Geschmack: Die Backen von Kälbern und Ochsen, die wegen der Psychose um BSE einige Jahre hier nicht zu haben waren, aber inzwischen auf Bestellung beim Metzger wieder zu kaufen sind. Die Zubereitung ist nicht einmal schwierig, einzig wichtig ist das lange Schmoren. Das folgende Rezept ist so ähnlich schon 1989 in Alfons Schuhbeck’s Buch „Das neue bayrische Kochbuch” erschienen. Fast identisch damit ist das Rezept von Thomas Haselwanter, italienisch alias Kaselvanter vom Unterwirt in Gufidaun bei Klausen/Südtirol, der dazu geschrieben hat: „Alles Einfache ist gut, alles Gute ist einfach.“ Die beiden Rezepte differieren von der Menge des Fleisches: Schuhbeck nimmt für vier Personen acht Kalbsbacken, Haselwanter zwölf. Entweder sind dort die Kälber kleiner oder die Südtiroler sind verfressener als die Bayern!

Kalbsbackerl mit Kräuterkruste

Für 8 Kalbsbacken braucht man:

Suppengemüse

Etwas Tomatenmark

Fast ein Liter Kalbsfond, oder weniger

und dafür mehr Rotwein

Thymian und Rosmarin

Natürlich Salz und Pfeffer

Ausnahmsweise wäre das sogar ein Fall für ein bis zwei Löffel anständigen Balsamico

Für die Kräuterkruste:

Altes Weißbrot

Eidotter

Weiche Butter

Petersilie, Basilikum

Knoblauch

Zitronensaft und -schale

Fleisch ziemlich scharf in Olivenöl anbraten.

Separat würfelig geschnittenes Suppengemüse anrösten, Tomatenmark,

Kalbsfond und Wein sowie Kräuter dazugeben, zum Fleisch in einen Schmortopf legen,  zuerst eine Stunde offen bei 180° braten, Wein nachgießen, zudecken, bei 160° eine weitere Stunde zugedeckt schmoren.

Für die Kräuterkruste weiche Butter schaumig rühren und Eigelb dazugeben. Entrindetes, kleinwürfelig geschnittenes Weißbrot mit Kräutern mixen.

Buttermasse dazugeben, mit Knoblauch, Zitronensaft und –schale, Salz und Pfeffer abschmecken.

Die geschmorten Backen warm stellen und das Gemüse passieren oder aufmixen, mit Salz und Pfeffer abschmecken, die Kräuterpaste darauf streichen und unter den Ofengrill schieben.

Getrocknete Steinpilze, eingeweicht und ausgedrückt, hätten in der Kräuterkruste auch noch Platz.

Dazu gibt es bei mir Gemüse und Polenta oder nördlich des Alpenhauptkammes aufgebratene Serviettenknödel.

Ähnlich läuft die Zubereitung aller Gerichte mit Ochsenschwanz, der seit Jahrzehnten nur noch in die Suppe verbannt wurde. Auch die „coda vaccinara“ gehört zu den Spezialitäten Roms, und in Norditalien haben viele Köche – einschließlich des von mir verehrten Locatelli in London – entdeckt, welch einen wunderbaren Geschmack das Fleisch des geschmorten Ochsenschwanzes einer Füllung von Ravioli verleihen kann. Ich habe ihm auch eine neue Rolle gegeben: Anstelle des öden und dubiosen Hackfleisches verwende ich das nur knapp für eine Suppe gekochte Fleisch als Basis für eine kräftiges Ragout: Mit dem Messer gehackt, ergibt es eine sehr geschmackvolle Bolognese.

Den nächsten Artikel in INTERVenti widme ich dem gleichen Thema, aber den aus deutscher Sicht prekäreren Teilen des „quinto quarto”, nämlich le „frattaglie“, den Innereien.

(2010-2 pag 42)

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