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Categoria: Dall'Italia
Pubblicato Lunedì, 25 Luglio 2011 13:46

Bürokratie all'italiana

Nach Rom zu ziehen um dort zu leben und zu arbeiten. Ein deutscher Traum und wahres Initiationsritual

Andare a vivere e a lavorare a Roma non è così semplice come si potrebbe pensare.
Una giovane logopedista tedesca ci racconta le rocambolesche avventure che ha vissuto
confrontandosi con la burocrazia italiana per regolarizzare la sua posizione giuridica
ed iscriversi al registro anagrafico della Capitale.
Ciò nonostante, non si è pentita nemmeno un momento di aver fatto questo passo.

Claudia Kunkel

Rom 22. Juli 2011.
2008 bin ich mit einer guten Portion Enthusiasmus ins ferne Rom aufgebrochen. Warum? Ich wollte meinen Traum verwirklichen, in Italien zu leben. Die gutgemeinte Warnung einer Deutschen, die schon seit Jahren hier lebte, dass Rom kein einfaches Pflaster sei, blies ich in den Wind. Verwunderte Reaktionen Einheimischer in den ersten

Wochen nach meiner Ankunft, was ich denn überhaupt in Italien wolle, bügelte mein Optimismus nieder. In den dreieinhalb Jahren, die seitdem vergangen sind, gab es zwar gottlob nie den Moment, in dem ich meinen Schritt bereut hätte, doch den Einstieg ins römische Treiben hatte ich mir bei weitem leichter vorgestellt. Und daran war nicht zuletzt die liebe Bürokratie schuld.

Wer glaubt, in Italien herrsche Narrenfreiheit, geheiligte Anarchie, irrt gewaltig. Vielmehr ist das System mit Gesetzen und Verordnungen so überfrachtet, dass man schon ein gewiefter Aktenfuchs sein muss, um sich in diesem Bürokratiedschungel auszukennen. Selbst bei geringfügigen Beschäftigungen, und ich meine wirklich geringfügig wie beispielsweise einem dreistündigen Synchronauftrag, muss man gut zehn Formularseiten ausfüllen und unterschreiben, ohne wirklich zu wissen, was man da gerade gegenzeichnet. Würde man alle schlecht kopierten und mit kleingedruckten Unverständlichkeiten gespickten Zettel aufmerksam lesen und zusätzlich auch verstehen wollen, hätte der Regisseur sein „Brusio“ inzwischen selbst eingesprochen und der Film liefe längst im Kino.

Ich hatte meine Anmeldung beim Einwohnermeldeamt gehörig lang hinausgezögert, denn ich wusste zu Beginn nicht, wie lange es mich wirklich in südlichen Gefilden halten, ob ich Arbeit und nette Gesellschaft finden würde. Das verheißungsvolle Vorstellungsgespräch an der deutschen Schule entpuppte sich als Warteschleife. Selbst deutsche Institute passen sich anscheinend römischen Tempi an, die selbst jenen Geduldigen, die die bayrische Gemütlichkeit mit der Muttermilch aufgesogen haben, befremdlich langsam und vor allem unberechenbar wechselhaft erscheinen. „Fermaten, Fermaten“, unerwartetes Presto tempestoso und wieder Warten.

Der Besuch auf dem Gemeindeamt verschaffte mir Klarheit darüber, was ich für meine römische Eingemeindung benötigen würde: Meinen deutschen Ausweis, die italienische Steuernummer, eine Bescheinigung der Botschaft über meinen Familienstand, eine monatliche Gehaltsabrechnung des Arbeitgebers oder die Vorlage der Partita IVA, also des Nachweises einer Selbständigkeit mit Einschreibung beim Gewerbeamt, zwei Steuermarken zu 14,62 und 0,52 Euro, die man in jedem Tabacchi bekommt, ein italienisches Konto mit fünftausend Euro sowie eine Bescheinigung über meine Versicherung bei einer deutschen Krankenversicherung.

Verzweiflung erfasste mich! Dieses Projekt würde Tage, wenn nicht Wochen in Anspruch nehmen, von den Nerven ganz zu schweigen, an denen Telefonate, Behördengänge und e-Mail-Verkehr sägen würden. Ich möchte anmerken, dass ich zu dieser Zeit noch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs war. Wer Roms Verkehrsnetz kennt – für die Linie C der U-Bahn wird seit Jahren gebuddelt und, ach welch Wunder, die Bautrupps stoßen jeden Meter auf eine neue Scherbe - der weiß, dass man zwar sehr gut von A nach B kommt. Ob allerdings mit einem neuen Streckenrekord oder guinnessbuchverdächtiger Verspätung, ist erst am Ende der Fahrt klar. Ich hatte eigentlich schon beschlossen, meine Anmeldung auszusetzen. Die Möglichkeit, weiterhin als Urlauber dem System die kalte Schulter zu zeigen und diesen Status nicht gegen eine legale römische Daseinsberechtigung einzutauschen, erschien mir ungleich verlockender. Das Goethe-Institut, bei dem ich inzwischen freiberuflich arbeitete, wusste allerdings von der „unendlichen“ Liste und erklärte sich bereit, mir das Geld zur Verfügung zu stellen. Dank dieses großzügigen Angebots war jedoch klar, dass ich die Sache angehen musste. Ein Aufschub wäre einem Affront gleichgekommen. Es war indiskutabel.

Schritt eins glich einem Kinderspiel. Die Agenzia delle Entrate, die italienische Steuerbehörde, errechnete mir nach zweistündiger Wartezeit meine Steuernummer. Das endgültige Dokument – ein kleines, harmloses Plastikkärtchen beglückte meinen Briefkasten erschreckend schnell bereits nach einer Woche. Bei dem Versuch, ein Konto zu eröffnen, biss sich die Katze dann zum ersten Mal ganz italienisch in den Schwanz. Ohne Wohnsitzbestätigung kein Konto. Ohne Konto keine Wohnsitzbestätigung. Glücklicherweise erwies sich der Direktor der Post als einsichtig und gab seinen Segen zur Eröffnung meines Kontos. Meinerseits undeutlich ausgefüllte Formulare, eine fehlende Unterschrift sowie ein bewaffneter Postüberfall - zum Glück in meiner Abwesenheit -, in Folge dessen etliche Arbeitsplätze für einige Zeit leer blieben, zögerten den Erhalt meiner Postbankarte nur unwesentlich hinaus.

Um die Ausstellung der Partita IVA, der italienischen Umsatzsteuernummer, zu umgehen, was bedeutet hätte, dass ich im italienischen Steuersystem als selbständig Arbeitende registriert wäre - dafür war ich noch nicht mutig genug -, ließ ich mir von der Leitung des Goethe-Instituts eine Erklärung ausstellen, die mein Arbeiten für das Institut bestätigte. Ich fand mich unglaublich geschickt ob dieser Idee. Der Gemeindebeamte war da anderer Meinung. Er akzeptierte alle Dokumente, Steuermarken, das Konto samt Geld, nur diese Bestätigung nicht, und ließ sich mit keinen – zugegebenermaßen nicht sehr gekonnt formulierten – Erklärungen erweichen. Wer weiß, was es bedeutet, auf einem italienischen Amt ein Ticket zu ziehen und dann zu warten und zu warten, kann sich meine Wut vorstellen, die sich draußen auf der Straße in einem gehörigen Heulanfall Bahn brach.

Mir blieb nichts anderes übrig, als einen Steuerberater aufzusuchen, der mir nach gut vier Besuchen inklusive odysseehaftiger An- und Abreise endlich eine Partita IVA eröffnet hatte. Mit der nun gut bestückten „Präsentationsmappe“ kehrte ich zur Gemeinde zurück, allerdings nicht ohne die Befürchtung, dass diesmal womöglich meine deutsche Krankenversicherungsbescheinigung nicht mehr anerkannt werden würde. Es sind diese Ungewissheiten, die dem Prozedere seine Würze geben. In der Tat habe ich niemanden kennen gelernt, der eine identische Liste vorzuweisen hatte. Das Verfahren scheint von Gemeinde zu Gemeinde, von Sachbearbeiter zu Sachbearbeiter flexibel gehandhabt zu werden.

Meine Erleichterung war grenzenlos, als alles reibungslos über die Bühne ging. Ich hielt die Bestätigung, dass ich offiziell in Rom wohnte, wie ein Diplom in der Hand. Netterweise hatte die Gemeindeangestellte nach meinem Zureden Geburtsort München und nicht Fürstentum Monaco angekreuzt und sich überzeugen lassen, dass die bayrische Hauptstadt in der BRD und nicht in der DDR liegt. Ihre helle Freude haben Behördenmitarbeiter sicherlich mit Schweizer Bürgern, die neben ihrem Geburtsort im Pass auch einen Heimatort vermerkt haben, der Ort, aus dem die Familie seit Generationen stammt.

Wer nun glaubt, dass sich mit dieser Meldebescheinigung die Sache erledigt hätte, den muss ich enttäuschen. Erst dieses Dokument, das in seiner Unscheinbarkeit keine Silbe über die Anstrengungen seiner Erlangung verliert, erlaubt einem die Ausstellung des endgültigen Ausweises. Zuvor erwartet man jedoch einen Besuch der „Vigilis“, der örtlichen Polizei, die bestätigen muss, dass man in der Wohnung, die bei der Anmeldung angegeben wurde, auch wirklich wohnt. Es war gerade Pfingsten und ich in München. Doch glücklicherweise gaben sich die Gäste mit der Bestätigung meiner Existenz durch meine Mitbewohnerin zufrieden.

Es folgte der Einlauf auf die Zielgerade. Es kam, wie es kommen musste, ich saß schwitzend auf dem Amt, die Anzeigetafel zählte noch zwei wartende Mitstreiter vor mir, und „wums“ ging das Licht aus. Verdächtige Stille senkte sich für einen Moment auf die heiligen Hallen. Ein unschuldiger Stromausfall legte gegen elf ganz Monteverde (ein römisches Stadtviertel Anm d. R.) lahm und die Angestellten der Gemeinde räumten mit freudigem Schulterzucken ihre Arbeitsplätze. Geduldiges Warten und Interimskaffeetrinken habe ich in Italien gelernt. Den Ausweis erhielt ich am darauffolgenden Tag.

Was wäre jedoch dieses Stück ohne ein kleines Nachspiel? Ich habe mir ein Moped gekauft. Fahrzeuge meldet man in Italien über eine Fahrschule an, die den vorigen Besitzer „suspendiert“ und einen selbst als neuen Besitzer einschreibt.

Ein Anruf meiner Fahrschule eine Woche nach meinem dortigen Erstbesuch mit bravourösem „Formulargefülle“ ließ mich aufhorchen. Ich wäre zwei. Zwei Personen.

Als Sternzeichen Zwilling ist man an ein Doppeldasein gewöhnt. Dass sich diese astrologische Gegebenheit jedoch ganz praktisch im Alltag manifestieren würde, hätte ich mir nicht erträumen lassen.

Was war das Problem? In meinem Ausweis, der Carta d'Identità, waren beide Vornamen vermerkt, auf der Steuerkarte nur mein wirklicher Rufname. Ich wusste von diesem „Fehler“, hatte die Begebenheit jedoch ignoriert und war mir eventueller Folgen nicht bewusst. Bezüglich solcher vermeintlicher Spitzfindigkeiten ist mit den italienischen Behörden nicht zu spaßen. Was, wenn nach jahrelangem Steuerzahlen schließlich herauskommen würde, dass die eine, die Steuerkartenbesitzerin, Steuern gezahlt hat, die andere, die Ausweisinhaberin aber nicht? Werter Leser, sollten Sie sich eines Tages für einen meldepflichtigen Aufenthalt in Italien entscheiden, dann überlegen Sie sich vorher, wie Sie heißen möchten und bleiben dann stur bei Ihrer Wahl, sonst werden Sie möglicherweise doppelt registriert. Sind beide Vornamen durch ein Komma getrennt, dann ist der erste Vorname Ihr Rufname, der zweite schmückendes Beiwerk. Stehen beide Namen unschuldig nebeneinander, haben Sie einen, eventuell sehr kreativen Doppelnamen.

Inzwischen sind alle Unterlagen korrigiert. Der Postangestellte hat sich vom Schreck meiner samstäglichen Anfrage, bitte einen zweiten Vornamen auf meiner Bankkarte einzufügen, erholt. Die Steuernummer wurde ohne viel Aufhebens geändert. Ich muss mich lediglich an die neue Unterschrift gewöhnen, zwei Vornamen plus Familienname.

Inzwischen warte ich freudig auf weitere Amtshandlungen. Mein Führerschein möchte anerkannt werden. Dafür habe ich jedoch zwei Jahre Zeit. Ich kann wählen, ob ich mich an die Fahrschule wende, mich dort ärztlich untersuchen lasse und 120 Euro investiere oder die billigere Variante des Automobilclubs wähle, der mir dann einen kleinen Zettel in meinen jetzigen rosa Schein klebt. Ich muss mir also nur überlegen, ob ich den ästhetisch unschlagbaren rosa Ausweis bevorzuge oder mich für den weitaus praktischeren Euroführerschein entscheide. Zwei Jahre sind lang, um diese weltbewegenden Probleme zu lösen.

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