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Categoria: Gastronomia
Pubblicato Domenica, 21 Novembre 2010 20:26

Ravioli, Schlutzkrapfen, Maultaschen

Kulinarischer Kulturaustausch zwischen Italien und Deutschland

Ernesto Haase (Amateurkoch und Slow Food Anhänger)

Bei der Zubereitung von Nahrungsmitteln zeigt der Mensch einen weltweit verbreiteten, atavistischen Trieb: Er zerkleinert zwanghaft die besten Zutaten bis zur Unkenntlichkeit und stopft sie in selbstgemachte Taschen. Überall auf der Welt werden Won Tan, Piroggen, Samosas, Ravioli und Maultaschen geradezu leidenschaftlich geliebt. Selbst in Tibet, einem Land, das man am allerwenigsten aus kulinarischen Gründen besuchen wird, setzt man dem Gast als höchste Köstlichkeit Teigtaschen namens Momo vor. Die frühe Globalisierung der Teigtaschen ist rätselhaft. Es gibt einen erbittert geführten Streit der Historiker der beiden größten kulinarischen Nationen der Welt, ob die Globalisierung mit Marco Polo begann, indem er die Ravioli aus Genua nach China mitnahm oder ob es ihm gelang, das geheime Rezept für Won Tan aus der Palastküche des Kaisers Kubilai Khan zu stehlen. Im Lichte dieses historischen Teigtaschenstreits zwischen China und Italien erscheint es gewagt, wenn nicht überheblich, eine Brücke von Ravioli zu Maultaschen schlagen zu wollen. Schwäbische Maultaschen sind größer, Tiroler Schlutzkrapfen derber als Ravioli. Ersteres führe ich auf ein geringeres Raffinement der deutschen Esskultur zurück, das zweite auf die Armut der Tiroler Bergbauern. Schmecken tun trotzdem alle drei Teigtaschen.
Für die Maultaschen macht man einen Nudelteig aus 300g Weizenmehl der gewöhnlichen Sorte 405
3 Eier Größe L
2 El Öl
1/2 Tl Salz
Die schwäbische Hausfrau "wellt" den Teig mit dem Nudelholz *) aus und schneidet ihn in Streifen von 9 –12 cm Breite. Früher war es einfacher, da gab es am Donnerstag bei jedem guten Bäcker fertigen Maultaschen-teig zu kaufen.
Ich arbeite lieber mit meiner Pastamaschine und fabriziere damit Streifen von der gleichen Stärke wie Fettuccine. Teilt man den Teig in vier Teile, wird man etwa 16 große Maultaschen erhalten, bei sechs Teilen ergeben sich 24 kleinere.
Für die Füllung gibt es eine ungeahnte Zahl von Variationen. Entscheidend ist, dass sie Fleisch enthalten, obwohl Maultaschen eineFastenspeise und gerade in der Karwoche unverzichtbar sind. Gleich, ob Speck, Hackfleisch, Braten- oder Suppenfleischreste, Bratwurstbrät oder gar Salami: Der typisch schwäbische Hintergedanke ist, das Fleischdurch Einwickeln in Teig vor dem lieben Gott zu verbergen und so ungestraft das langweilige Fastengebot zu unterlaufen. Deshalb nennt man Maultaschen auch mancherorts "Herrgotts-Bscheisserle". Spinat ist oft dabei. Eine Stuttgarter Bekannte von mir sagt aber verächtlich, "der Spinat färbt bloß", Fleisch alleine sei besser! Meine Lieblingsfüllung besteht aus einer alten Semmel, die in Milch eingeweicht und dann gut ausgedrückt wird 200 g frischer Spinat, kurz blanchiert, fein gehackt und ebenfalls gut ausgedrückt, 50 – 100 g durchwachsener Speck, etwas Butter, darin werden 1 feingehackte Zwiebel und 1/2 Bund
Petersilie angebraten 200g Kalbsbrät, 1 Ei, kräftig Muskatnuss, Salz und Pfeffer
Diese Zutaten werden in einer Schüssel intensiv vermischt Die weitere Vorgehensweise sieht man aus den Bildern.
Man lässt die Maultaschen in Fleischbrühe ziehen und isst sie
1. in der Fleischbrühe (wie Ravioli in Brodo!),
2. mit Kartoffelsalat schwäbischer Art und "geschmälzten" Zwiebeln darüber,
3. die Reste einen Tag später in Streifen geschnitten mit Ei in der Pfanne gebraten (nicht unähnlich einer Frittata) oder
4. ebenfalls in Streifen geschnitten mit Tomaten und Bergkäse im Ofen gratiniert.
Optik und Wohlgeschmack widersprechen sich. So schrieb der schwäbische Schriftsteller Thaddäus Troll:"in einem unliebenswürdigen Gewand verbirgt sich ein delikater Kern. Eine leichenfarbene Hülle aus Nudelteig entsagt jedem optischen Reiz. Sie schwimmen wie Wasserleichen in Fleischbrühe... als blasse Wesen einem fahlen Kartoffelsalat beigelegt, sind sie der Zunge willkommener als dem Auge". Schauen wir nach Tirol, unserem gastronomischen Bindeglied:
Alle Urlauber in Südtirol/Alto Adige essen dort gerne Schlutzkrap-fen. Traditionell wird für den Teig eine Mischung verschiedener Mehlsorten verwendet, etwa Weizenmehl plus Buchweizenmehl (grano saraceno) oder Roggenmehl (farina di segale). Auch die Füllung ist oft "italienischer": Spinat und Ricotta oder Magerquark ohne Fleisch, höchstens etwas Speck. (Schwaben sind weitgehend protestantisch, die Südtiroler sind gute Katholiken). Üblicherweise sticht man Kreise von etwa 7 cm Durchmesser aus dem Teig, gibt die Füllung darauf und klappt den Teig zu Halbmonden zusammen. Man lässt die Schlutzkrapfen in siedendem Wasser ziehen und isst sie al burro fuso e formaggio grattugiato. Buon appetito, lasst es euch schmecken.
*) Das schwäbische Nudelholz und den italienischen Matterello verbinden trotz unterschiedlicher Form eine Gemeinsamkeit: Beide werden von temperamentvollen Frauen als pädagogische Hilfsinstrumente eingesetzt.

(2005-2 pag 30)

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